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19.05.2016

Film-Review: 10 Cloverfield Lane



10 Cloverfield Lane - ´ne kleine bescheidene Review

Für die, die nach dem ersten Satz nicht weiter lesen, aber die Kernaussage wissen wollen: Guter Film, guckt den an.

Etwas ausführlicher und Spoiler-frei:
Ich bin ja der eine Mensch auf der Welt, der den ersten Cloverfield für´n Meisterwerk hält. Aus den in der Regel falschen Gründen finden den erstaunlich viele Leute nicht gut. Da wird sich über so was wie das Monsterdesign beschwert, um was es überhaupt nicht geht oder die Found Footage-Machart, ohne die es wiederum aber nicht funktionieren würde, weil sie essenzieller Bestandteil der Ide ist. Anders gesagt: Der erste Cloverfield ist ein künstlerisches Gesamtkonzept. Eine prinzipiell schlichte Idee (ein Kaiju-Monsterfilm aus der Sicht von ganz normalen Leuten), die gnadenlos konsequent durchgezogen wurde und daher meinen aufrichtigen Respekt verdient.
Die meisten Kritiker hätten sich wohl aber lieber so was wie Transformers gewünscht. Immer schön mit der geilen Kamerafahrt voll aufs coole Monster, ein kerniger Held und ´ne geile Ische, die das Auto des Helden wäscht. Halt was, das man direkt nach´m Gucken wieder vergisst.

Nun stand die Frage im Raum, ob der geistige Nachfolger wirklich ein richtiges Sequel ist, oder ob da nur der Titel im Nachhinein draufgeklatscht wurde, um zwei, drei Dollar mehr an den Kinokassen zu machen.
Und ja, doch, es ist ein Cloverfield-Film. Irgendwie auf alle Fälle. Ohne näher drauf einzugehen, wieso.
Der Film erlaubt sich sogar beim Titel kurz nur "Cloverfield" hinzuschreiben, bevor der Zusatz hinzuploppt.

Und auf einmal finden´s alle gut!

Jetzt wirken beide Filme von Weitem sehr unterschiedlich: Riesiges Monster greift New York an vs. Frau wird nach Autounfall im Keller eines vermeintlich Verrückten eingesperrt.
Und dennoch spiegeln sich die Filme in vielerlei Hinsicht. Das Pacing folgt den gleichen Regeln, die Themen, die in den Raum geworfen werden, weisen Parallelen auf. Und immer wieder die Frage, welchen Bestand haben (vermeintlich?) kleine menschliche Probleme angesichts einer größeren (vermeintlichen?) Katastrophe. Es geht um die minutiöse Erörterung eines Puzzlestücks, das noch gar nicht weiß, zu welchem Gesamtpuzzle es gehört. Aber dadurch, dass wir das eine Puzzlestück am Ende so gut kennen, verstehen wir auch das Gesamtpuzzle besser. Das Gesamtpuzzle, das wir sonst vielleicht mit´m Arsch nich angeguckt hätten, weil´s irgend so ´n kitschiges Motiv mit ´ner Katze und Goldfischen ist. Ein Puzzleteil ringt uns die Empathien und Emotionalität ab, damit uns der ganze übergeordnete Kram überhaupt erst interessiert. Darum geht´s bei den Cloverfield-Filmen, nicht um Godzillas, Autobots und darum, wie sexy der weibliche Sidekick am Lollipop lutscht.

Zum Film an sich kann ich aufgrund des Spoiler-Problems inhaltlich gar nicht viel weiter sagen. Zum Pacing aber schon: Es gibt in der ersten Hälfte bewusst ´ne etwas zähe Länge (Spiegelung der Partyszene im "ersten Teil"). Die macht aber rückwirkend betrachtet Sinn.
Was der Film nämlich hervorragend macht, ist das Katalysieren der Spannung. Er steigert sich mächtig rein, was man auch bei den (leider recht wenigen) anderen Kinobesuchern gut ablesen konnte, die zum Schluss extreme Reaktionen abfeuerten.
Excitation-Transfer! Eine meiner Lieblings-Theorien der Medienwissenschaften.
Sie besagt - einfach zusammengefasst -, dass wir beim Filmgucken emotionale Erregung speichern und mitschleppen, wenn wir zwischendurch nicht die Gelegenheit bekommen, sie abzubauen. Und wenn auf diese Art viel Erregung gesammelt wird, platzt sie beim Entladen wie ein großer Emotionsballon.
Und die Art der Erregung ist egal!
Das kann ´ne sexuelle Spannung sein, aber auch was Lustiges oder was Trauriges. Unser Körper ist noch beeinflusst, steht unter Spannung, schüttet Hormone aus und wir lachen z.B. noch über den Witz von eben und konnten uns noch gar nicht so richtig beruhigen, da knallt uns der Film auf einmal einen schlimmen Schreckmoment vorn Latz und unser Schreck ist umso doller, weil wir noch vom Lachen erregt waren.

Und genau das macht der Film im finalen Akt ganz hervorragend. Wir dürfen uns nicht entspannen und der Ballon füllt und füllt sich mit Emotion. Bis am Ende endlich die Nadel in den Ballon gestochen wird.

Ja, angucken.

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